So gelingt der Einstieg
Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie. Sie erfolgreich für das eigene Unternehmen zu nutzen, erfordert Know-how, das aktuell bei den wenigsten Mittelständlern vorhanden ist. Wir zeigen, worauf es bei der Einführung von KI im Unternehmen ankommt, welche klassischen Stolperfallen zu vermeiden sind und warum der Austausch mit Partnern so wichtig ist.
Worauf es bei der Einführung von KI ankommt
Wie starten?
In jedem Fall mit der Frage: Was soll mithilfe von KI erreicht werden? Welche Aufgaben kann sie schneller oder präziser als der Mensch lösen? Welche Prozesse effizienter oder ressourcenschonender machen? Wo reicht vielleicht auch eine Automatisierungs-Lösung? Der betriebliche Nutzen von KI-Lösungen muss klar sein, bevor man anfängt, Daten zu sammeln und aufzubereiten.
Wie vorgehen?
Eine Analyse der Wertschöpfungskette zeigt, welche Bereiche sich etwa in puncto Umsatz, Ressourcenverbrauch oder Kundenzufriedenheit optimieren lassen. Wo Prozesse bereits schlank sind, ist es oft vielversprechender, mit KI-Lösungen neue Märkte oder höhere Marktanteile anzustreben. Wichtig: Bereichsübergreifend denken und realistisch einschätzen, was sich anhand von Kennzahlen bewerten lässt und welchen Mehrwert KI-Lösungen versprechen. Ist der strategische Fokus klar, gilt es, konkrete Anwendungsfälle zu identifizieren und Pilotprojekte aufzusetzen. Zentrale Fragen hier: Welche Informationen und Daten sind nötig, um das eingesetzte KI-Modell zu trainieren? Welche personellen und finanziellen Ressourcen? Wie lassen sich die Beschäftigten mitnehmen und für den Umgang mit KI befähigen?
Allein oder mit Partnern?
Es gibt verschiedene Wege, KI-Methoden im Betrieb einzusetzen:
Proprietäre KI-Lösung
Sie empfiehlt sich, wenn die Technologie eine Kernkompetenz des Unternehmens darstellt, wenn (sensible) Daten nicht nach außen geteilt werden sollen oder wenn es keine KI-Software am Markt gibt, die den Anforderungen des Unternehmens entspricht. Eigene KI-Lösungen setzen Know-how im Unternehmen voraus und sind mit hohen Kosten verbunden. Für viele Mittelständler scheinen sie daher ungeeignet.
KI-as-a-Service: KI-Dienste von Drittanbietern
Die so genannte passive KI-Nutzung ermöglicht einen schnellen Einstieg sowie das Testen verschiedener KI-Services. Gerade für KMU ist sie attraktiv, da dort häufig Rechenkapazitäten und Datenstruktur für eigene KI-Projekte fehlen. Allerdings stehen die Services auch Mitbewerbern zur Verfügung und bieten langfristig kaum Wettbewerbsvorteile. Auch erfordern sie individuelle Anpassungen und IT-Kenntnisse, da viele KI-Services auf große Mittelständler ausgerichtet sind.
Kooperationen mit Anwendungspartnern
Um Kosten zu sparen und vom Know-how anderer zu profitieren, bietet sich die Zusammenarbeit mit KI-Startups, Hochschulen oder Forschungsinstitutionen an. Raum für einen derartigen Austausch bieten bundesweit zahlreiche Transferzentren. Dort finden Mittelständler häufig auch Unterstützung von spezialisierten KI-Trainerinnen und Trainern, die dabei helfen, die Wirkmechanismen von KI für das eigene Unternehmen besser zu verstehen.
KI im Mittelstand
Plattform Lernende Systeme
Praktische Umsetzungspläne zur Einführung von KI bietet das Booklet KI im Mittelstand der Plattform Lernende Systeme. Es zeigt anhand von Meilensteinen auf, wie KMU systematisch vorgehen und welche Fragen sie sich in den einzelnen Phasen stellen sollten.
Stolpersteine beim Einsatz von KI
Wie bei allen IT-Projekten gilt auch bei der Einführung von KI: Es wird nicht immer alles rund laufen. Welche Herausforderungen bestehen und wie sich bewältigen lassen, zeigen wir im Folgenden:
Das operative Tagesgeschäft verstellt vielen Mittelständlern den Blick für strategische Fragen. Bei den Themen Digitalisierung und KI wird schnell eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt, bei der vor allem kurzfristige Resultate zählen. Für mittel- bis langfristigen Erfolg in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft braucht es jedoch eine Zukunftsvision – und ein kritisches Hinterfragen des eigenen Geschäftsmodells.
Wenn wir uns nicht schon frühzeitig mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt hätten, würde es unser Unternehmen heute nicht mehr geben.
Sebastian Geier (IBC Solar)
IBC Solar setzt KI zur vorausschauenden Wartung von Solargroßanlagen ein.
Viele Unternehmen implementieren KI, ohne zu reflektieren: Passt ein bestimmter Anwendungsfall zu den Zielen der Organisation? Ist der angenommene potenzielle Mehrwert realistisch? KI ist kein Selbstzweck. Wichtig: Klar herausarbeiten, wie KI-Lösungen einen Mehrwert erzeugen oder neue Geschäftsmodelle ermöglichen.
KI-Pilotprojekte erfolgreich zu skalieren scheitert oft an der Datenverwaltung, die teilweise in der Pilotphase gänzlich fehlt. Im Labor werden Modelle oft nur mit Daten aus einer Quelle trainiert, während die Datenbasis in der realen Welt kontinuierlich aktualisiert, gepflegt und optimiert werden sollte. Neue KI-basierte Geschäftsmodelle müssen daher auf einer soliden digitalen Infrastruktur aufgebaut werden.
Bei vielen Mittelständlern sind die erfassten Daten lückenhaft, weil etwa Produktionsstraßen noch nicht durchgängig mit Sensoren ausgestattet sind. KI-Systeme können aber nur mit Hilfe einer ausreichenden Datenbasis trainiert werden. Hierzu existieren bereits einige Lösungskonzepte: Durch Rotieren, Verschieben und Skalieren kann die Menge vorhandener Daten künstlich erhöht werden (Data Augmentation), probabilistische Verfahren unterstützen, wenn die Datenmenge nicht repräsentativ ist.
Unternehmen mangelt es häufig an Talenten und der nötigen Infrastruktur, um Anwendungsfälle intern zu entwickeln – und Potenziale für neue Geschäftsmodelle zu heben. Problematisch auch: in KI-Dateninfrastruktur investieren, ohne die exakten Anforderungen oder Eignung neuer Hardwarekomponenten für bestimmte Anwendungsfälle zu kennen. Investieren Unternehmen zu wenig, finden sie möglicherweise keine erfahrenen Programmiererinnen und Programmierer. Für diese sind leistungsfähige GPUs (Graphical Processing Units) meist entscheidend für die Attraktivität eines Arbeitgebers. Die Folge: Es werden Personen mit falschen Kompetenzprofilen eingestellt, die nicht in der Lage sind, eine systematische KI-Strategie aufzubauen.
Wie, wir nutzen jetzt auch Künstliche Intelligenz? Der Einsatz von KI im Betrieb wirft in der Belegschaft Fragen auf: Wie wird mit (personenbezogenen) Daten umgegangen? Verändert sich mein Arbeitsplatz? Ist er womöglich in Gefahr? Um Ängste zu nehmen und Akzeptanz für neue Technologien zu schaffen, ist es wichtig, die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen frühzeitig einzubeziehen. Und zu vermitteln: KI kann die Beschäftigten von eintönigen oder gesundheitsschädigenden (Routine-)Aufgaben entlasten und nimmt ihnen nichts von ihrer Selbstbestimmung. Wichtig auch: Die Belegschaft über entsprechende Weiterbildungsangebote für den Umgang mit KI-Systemen befähigen.
Ganz wichtig ist, von Beginn an alles an die Mitarbeiter zu kommunizieren und sie direkt in das Projekt einzubinden.
Evelyn Andres (Satherm GmbH)
Die Satherm GmbH setzt KI-basierte Bilderkennung für automatisches Rechnungseinlesen ein.
Hohe Investitionen in die Infrastruktur sind indessen auch kein Allheilmittel. Nicht nur die Hardware muss sich eignen, sondern auch die damit verbundene Organisation und Prozesse müssen stimmen, um KI-Geschäftsmodellinnovationen erfolgreich umzusetzen.
Mittelständler sehen in anderen Unternehmen oft in erster Linie Konkurrenten. In der datengetriebenen Wirtschaft empfiehlt sich aber Kooperation. Im Austausch mit Start-ups und anderen KMU wird schneller klar, welche Potenziale KI-Technologien bergen und wie sie sich im eigenen Betrieb nutzen lassen. Beim Trainieren von KI-Algorithmen mit relevanten Daten können Kooperationen mit Großkonzernen, Forschungseinrichtungen und Start-ups eine Lösung sein.
Die Kooperation mit dem Forschungsinstitut, Fraunhofer, ist über die Nachbarschaft entstanden. Wir haben diverse Unternehmen auch in der Nachbarschaft, die bereits die Erfahrung gesammelt haben und uns nur Positives von der Zusammenarbeit berichteten. Daher haben wir uns entschieden, auch ein Transferprojekt zu machen. Vorteil für KMU ist, dass viele Förderungen existieren, und das Institut unterstützt einen auch bei der Antragstellung.
Roman Preis (Wandel Packaging Group)
Die Wandel Packaging Group setzt KI für das Echtzeit- Qualitätsmanagement ein.
KI-Projektteams starten die Entwicklung in der Regel mit einem vorläufigen Datensatz, erstellen erste Modelle und evaluieren die Resultate. Je nach Ergebnis wiederholen sie den Prozess. Laufende Anpassungen und Aktualisierungen sind auch nötig, wenn das Modell schon in der Produktion ist – weil sich etwa das Kundenverhalten ändert. Für ein KI-basiertes Geschäftsmodell gilt: Es muss laufend gepflegt und weiterentwickelt werden, da die Qualität von KI-Anwendungen über die Zeit degradieren kann.
Neue Geschäftsmodelle mit Künstlicher Intelligenz
Zielbilder, Fallbeispiele und Gestaltungsoptionen
Eine intelligente Verknüpfung und Nutzung von Daten ermöglicht es künftig, Produkte und Dienstleistungen an die individuellen Wünschen von Kundinnen und Kunden anzupassen. Damit stellen sich grundlegende Fragen: Wie können Unternehmen bestehende Geschäftsmodelle durch den Einsatz von KI anpassen oder neue KI-basierte Geschäftsmodelle entwickeln? Und welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden? Die Arbeitsgruppe Geschäftsmodellinnovationen der Plattform Lernende Systeme präsentiert hierzu Fallbeispiele, Leitfäden und Gestaltungsoptionen
KI-Expertinnen und Experten im Interview
KI im Mittelstand: Chancen in der Wertschöpfungskette erkennen
Weitere Interviews
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Video-Interviews zum Einsatz von KI im Mittelstand finden Sie hier.