KI für Führungskräfte: Wie der Einsatz der Technologie gelingt

Ein Expertenbeitrag von Sascha Stowasser und Rahild Neuburger

Rahild Neuburger und Sascha Stowasser

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt und erfordert künftig eine Führungskultur, die auf Partizipation, Offenheit und Transparenz beruht.

Ob in der Fabrik oder im Büro, KI-Systeme werden in Zukunft Menschen bei Aufgaben unterstützen oder Tätigkeiten sogar ganz übernehmen – und das unabhängig von der Verantwortungsebene oder der jeweiligen Domäne. Besonders geeignet für diese Art der Automatisierung sind repetitive Routinetätigkeiten, mit denen sich auch Führungskräfte konfrontiert sehen. Deshalb haben entsprechende KI-Systeme das Potenzial, zu wichtigen Werkzeugen einer zeitgemäßen Führung zu werden. Wie sich die Rolle von Führungskräften im KI-Zeitalter verändert und was zu tun ist, damit der Einsatz von KI im Unternehmen gelingt, zeigt das Whitepaper „Führung im Wandel: Herausforderungen und Chancen durch Künstliche Intelligenz“ der Arbeitsgruppe Arbeit/Mensch-Maschine-Interaktion der Plattform Lernende Systeme.

Führungskräfte agieren in zahlreichen Aufgabengebieten, die unterschiedliche Automatisierungspotenziale durch KI aufweisen. Besonders bei administrativen Koordinations- und Kontrollaufgaben können sie von KI-Systemen entlastet werden. Bei der Zusammensetzung von Teams, der Dienst- und Schichtplanung oder dem Vorsortieren von Bewerbungen im Recruiting zum Beispiel können KI-Systeme Führungskräfte unterstützen. Somit bleibt mehr Zeit für innovationsfördernde und kreative Aufgaben oder für die Personalführung. Auch zu den Fürsorgepflichten der Führungskräfte werden KI-Systeme ihren Beitrag leisten. Um Burnouts vorzubeugen, können KI-basierte Frühwarnsysteme etwa auf Überlastungen bei Beschäftigten aufmerksam machen.

Was Führungskräfte beim KI-Einsatz beachten müssen

In vielen Fällen benötigen KI-Systeme im Führungsbereich sensible, personenbezogene Daten der Beschäftigten. Das bereitet Mitarbeitenden häufig Sorge. Sie fürchten einen Missbrauch ihrer Daten, etwa durch eine automatisierte Leistungserfassung und -bewertung. Daher müssen die Persönlichkeitsrechte und der Datenschutz in Bezug auf Beschäftigtendaten unbedingt gewahrt werden. Dafür ist es notwendig, aber nicht hinreichend, die verschiedenen nationalen und europäischen Datenschutz-Vorgaben, wie etwa die DSGVO, einzuhalten. Liegt ein hohes Gefahrenpotenzial für den Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten vor, sollten die KI-Anwendungen nach europäisch standardisierten Kriterien zertifiziert werden.

Neben dem Datenschutz sollte beim KI-Einsatz im Führungskontext auch Transparenz eine hohe Priorität haben. Beschäftigte sollten verstehen können, nach welchen Kriterien und auf Basis welcher Daten die KI-Systeme arbeiten und welchen Einfluss sie auf die Entscheidungsfindung von Führungskräften haben. Daher wird es eine zentrale Aufgabe für Führungskräfte, Akzeptanz und Vertrauen der Beschäftigten in die eingesetzten Systeme zu schaffen. Unerlässlich ist dabei die aktive Einbindung der Beschäftigten und ihrer Interessensvertretungen in die Planung und Gestaltung des Einsatzes von KI-Systemen. Durch diese Beteiligung sollten Ziel und Zweck der Systeme gemeinsam festgelegt und die Folgen vor allem für die psychische Gesundheit abgeschätzt werden. Zur notwendigen Transparenz beim KI-Einsatz gehört auch, die Verantwortlichkeiten zwischen KI und Führungskraft klar zu definieren und zu kommunizieren. Für Beschäftigte muss eindeutig nachvollziehbar sein, wie Entscheidungen zustande kommen und wo die Grenzen der Entscheidungshoheit und damit der Verantwortung für Entscheidungen zwischen den Führungskräften und dem KI-System verlaufen.

KI-Kompetenzen gefragt

Die Zusammenarbeit mit Künstliche Intelligenz erfordert neue Kompetenzen von Führungskräften. Diese müssen einerseits technisch geschult werden, andererseits aber auch einen kritischen Umgang mit den Hilfsmitteln erlernen. Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Ergebnisse von KI-Systemen zu hinterfragen, da auch sie problematische oder diskriminierende Entscheidungen treffen können. Ein Beispiel ist etwa ein KI-System zum Vorsortieren von Jobbewerbungen, das mit nicht neutralen, verzerrenden Datensätzen trainiert wurde. Bildet die Datengrundlage etwa in der Vergangenheit erfolgreich eingestellte Beschäftigte ab und sind diese überwiegend männlich, kann das KI-System diesen sogenannten Bias fortsetzen und Männer besser bewerten als Frauen. Aus diesem Grund sollten zuletzt die Führungskräfte die Verantwortung tragen und Entscheidungen eines KI-basierten Instruments mit Skepsis, Erfahrung und Expertise bewerten können. Darüber hinaus werden Kommunikationskompetenzen wichtiger. Um die menschliche Verbindung zwischen Führungskraft und Beschäftigten zu stärken und somit zu einem positiven Arbeitsklima beizutragen, können persönliche Feedbackgespräche oder Ansätze wie Management by Walking Around (MBWA) helfen.

Festzuhalten ist, dass für den gelingenden KI-Einsatz in der Führung Unternehmen, Führungskräfte und Beschäftigte an einem Strang ziehen müssen. Dabei muss der Datenschutz und Transparenz über den konkreten Einsatz der KI-Systeme eine zentrale Rolle einnehmen. Zudem sollten Führungskräfte einen sicheren und kritischen Umgang mit KI-generierten Ergebnissen sowie einen kommunikativen Führungsstil erlernen.

Über die Autoren

Dr. Rahild Neuburger ist Akademische Oberrätin an der LMU Munich School of Management der Ludwig-Maximilians-Universität München. Forschungsschwerpunkte sind Implikationen der Digitalisierung und KI auf Arbeits- und Organisationsstrukturen und damit zusammenhängende Fragen der Führung und Bildung.

Prof. Dr. Sascha Stowasser ist Leiter des ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft. Er forscht intensiv zum Thema Arbeit der Zukunft, dabei untersucht er neben technischen auch organisatorische und kulturelle Fragen der Veränderungen in der Arbeitswelt.

Rahild Neuburger und Sascha Stowasser sind Mitglieder der Arbeitsgruppe „Arbeit, Qualifikation, Mensch-Maschine-Interaktion“ der Plattform Lernende Systeme.

Gastbeitrag erschienen in:

Springer Professional
22. Juli/2022

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