Mehr Zeit fürs Zwischenmenschliche: Pflegeroboter in der Diskussion

Wie können Robotik und Lernende Systeme in der Pflege sinnvoll eingesetzt werden?  Wo können Roboter die Pflegekräfte unterstützen und wo ist weiterhin der Mensch gefragt? Diese Fragen diskutierten Expertinnen und Experten bei acatech am Dienstag am 3. Dezember in Garmisch-Partenkirchen. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Plattform Lernende Systeme und Wissenschaft im Dialog (WiD) im Forschungszentrum für Geriatronik der Technischen Universität München (TUM) statt.

Selbstlernende Roboter helfen älteren Menschen künftig beim Aufstehen, wärmen Essen auf, lesen aus der Zeitung vor und telefonieren bei Bedarf mit dem Arzt. Laut TechnikRadar der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften gehen allerdings über 80 Prozent der Deutschen davon aus, dass der Einsatz von Robotern in der Pflege mit weniger menschlicher Zuwendung einhergeht. Über die Hälfte der Befragten befürchtet außerdem, dass Pflegeroboter die soziale Ungleichheit verstärkten, da sich künftig nur noch Vermögende eigene menschliche Pflegekräfte leisten könnten. Bei acatech am Dienstag erläuterte Plattform-Mitglied Sami Haddadin, Robotik-Wissenschaftler an der Technischen Universität München, warum er für intelligente Assistenzroboter gute Einsatzmöglichkeiten in der häuslichen Pflege und Seniorenheimen sieht.

Roboter könnten beispielsweise beschwerliche Arbeiten übernehmen, wodurch das Pflegepersonal mehr Zeit für jeden einzelnen Patienten habe. Sami Haddadin verwies dabei auf das Potenzial adaptiver Robotik, auch Tätigkeiten zu übernehmen, die feinmotorische Fähigkeiten erfordern ­– wie zum Beispiel die Mobilisierung eines Patienten. Natürlich müsse sich der Einsatz der Roboter immer am individuellen Bedarf der älteren Menschen ausrichten. Ziel sei es nicht, Pflegekräfte zu ersetzen, sondern diese zu entlasten.

Mitfühlende Roboter?

In der anschließenden Diskussion ging es um die Frage, wie „mitfühlend“ Pflegeroboter sein müssen. Heute schon können Maschinen durch die Beobachtung menschlicher Gesichter Emotionen wie Wut, Freude oder Überraschung erkennen. Auch diese Fähigkeit ließe sich im Pflegebereich anwenden: So kann ein Pflegeroboter, der im Zuhause eines Patienten zum Einsatz kommt, zum Beispiel unmittelbar erkennen, wenn sich der Zustand des Patienten verschlechtert – und anschließend den Arzt benachrichtigen, der dann wiederum aus der Ferne die Möglichkeit hat, mit integrierten Geräten wie EKG oder Ultraschall eine Diagnose zu stellen.

Man müsse Maschinen eben als Werkzeuge betrachten, die in der medizinischen, aber auch in der alltäglichen Versorgung der Menschen einen großen Beitrag leisten können, hieß es in einer Wortmeldung. Dabei sei der Aspekt der Datensicherheit und -hoheit natürlich schon bei der Entwicklung mit zu bedenken.

Pilotprojekt mit dem Forschungszentrum für Geriatronik soll neue Erkenntnisse bringen

Wissenschaftlich begleitet durch das Forschungszentrum für Geriatronik der TUM könnten auch im Caritas Altenheim in Garmisch-Partenkirchen demnächst erste Robotik-Pilotanwendungen ausprobiert werden. Geschäftsführer Alexander Huhn und Pflegedienstleitung Jutta Ehinger schilderten den Gästen die Bedeutung eines sensiblen Heranführens der einzelnen Technologien an die Heimbewohner, auch wenn im Moment noch nicht absehbar sei, wann die Roboter tatsächlich zum Einsatz kämen. Wichtig sei es stets, die Wünsche der Patienten zu berücksichtigen und niemandem etwas aufzuzwingen.

Pflege ist Beziehungsarbeit, die sich nicht programmieren lässt, so das Fazit der Diskussion. Aber in einer alternden Gesellschaft und angesichts fehlender Pflegekräfte können intelligente Assistenzroboter die Pflegerinnen und Pfleger entlasten und ihnen mehr Zeit für zwischenmenschliche Zuwendung verschaffen.

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Linda Treugut / Birgit Obermeier
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