KI und Wahlen: Bedrohung oder Chance für die Demokratie?

Künstliche Intelligenz (KI) verändert zunehmend unsere Lebenswelt. Auch in demokratischen Wahlen kommen KI-Systeme zum Einsatz. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 veranstaltete die Plattform Lernende Systeme in Kooperation mit der Wissenschaftspressekonferenz am 24. Juni ein virtuelles Hintergrundgespräch, bei dem über die Chancen, aber auch die Risiken von KI in Bezug auf Wahlen diskutiert wurde.

V.l.o nach r.u.: Armin Grunwald (KIT), Christoph Bieber (Universität Duisburg-Essen), Jessica Heesen (Universität Tübingen) und Tobias Matzner (Universität Paderborn).

KI kann die Wahlprogramme der Parteien für die Wählerinnen und Wähler analysieren, bei der pandemiegerechten Wahlkampforganisation unterstützen und Falschinformationen auf Social Media-Plattformen auffinden. Auf der anderen Seite lassen sich menschliche Wahlentscheidungen durch KI-Systeme mit Deep Fakes oder Chat-Bots beeinflussen. Bei dem virtuellen Hintergrundgespräch „KI und Wahlen: Bedrohung oder Chance für die Demokratie?“ diskutierten die Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme beispielsweise, welche konkreten KI-Anwendungen bei Wahlen zum Einsatz kommen und wie diese zur Stärkung der Demokratie beitragen können. Moderiert wurde das Panel von Wissenschaftsjournalistin Eva Wolfangel.

Chancen und Herausforderungen von KI bei Wahlen ergebnisoffen analysieren

Wie so oft werde KI auch im Zusammenhang mit Wahlen pauschal als Problemlöser oder aber als Bedrohung bewertet, erläutert Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) und Mitglied der Arbeitsgruppe Ethik und Recht der Plattform Lernende Systeme. Diese vereinfachende Debatte zwischen weitreichender Hoffnung auf der einen und Angst vor Manipulation und Kontrollverlust auf der anderen Seite hilft allerdings nicht weiter. Stattdessen müsse es um eine nüchterne und ergebnisoffene Analyse KI-basierter technischer Möglichkeiten zur Unterstützung von Wahlvorgängen gehen.

Christoph Bieber, Leiter des Projekts KI-Governance an der Universität Duisburg-Essen und Mitglied der Arbeitsgruppe Ethik und Recht der Plattform Lernende Systeme, betonte vor allem die Chancen von KI für demokratische Wahlen. So kann KI etwa bei der Wahlinformation eingesetzt werden und personalisierte Empfehlungen zu Parteien oder Kandidaten abgeben, die den politischen Einstellungen der Wählerinnen und Wähler entsprechen. Zudem nutzen Parteien zunehmend „Wahlkampf-Apps“, mit denen ihre Mitglieder Daten zum Kampagnengeschehen sammeln, welche mittels Maschinellen Lernens ausgewertet werden. Der Schutz dieser Daten sei eine neue Herausforderung für Politik und Gesellschaft, so Bieber.

Unterdessen seien die Risiken, die mit KI-Systemen bei Wahlen verbunden sind, bisher relativ gering, sagte Tobias Matzner, Professor für Medien, Algorithmen und Gesellschaft an der Universität Paderborn und Mitglied der Arbeitsgruppe Ethik und Recht der Plattform Lernende Systeme. Die künftigen Bedrohungen beträfen vor allem die Meinungsbildung, so Matzner. Durch die automatisierte Empfehlung von Videos oder Nachrichten in den Feeds sozialer Medien können immer wieder manipulative Inhalte ihren Weg zu einem neuen Publikum finden. Mithilfe von KI kann auch das Verhalten der Nutzer analysiert werden und manipulative Inhalte noch zielgerichteter gestreut werden. Ein wachsendes Risiko sah Matzner in mittels KI erzeugten, gefälschten Videos und Bildern, sogenannten Deepfakes.

Künstliche Intelligenz als Gegenmittel für KI-Bedrohungen

Für einige der Bedrohungen böte wiederum Künstliche Intelligenz selbst Lösungen an, erläuterte Jessica Heesen, Medienethikerin der Universität Tübingen und Leiterin der Arbeitsgruppe Ethik und Recht der Plattform Lernende Systeme. So könnten KI-Systeme beispielsweise Deepfakes aufdecken, indem sie Inhalte identifizieren, die bereits bestanden und für die Fälschung verwendet wurden. Zudem könne KI eine einseitige Mediennutzung in sogenannten Filterblasen ausgleichen, indem das System die vorherrschende Nutzungsweise der Einzelperson erkennt und gezielt konträre Inhalte empfiehlt.

Im September erscheint das Whitepaper „KI und Wahlen“ der Plattform Lernende Systeme, an dem unter anderem die vier Expertinnen und Experten des Hintergrundgesprächs beteiligt sind.

Weitere Informationen:

Linda Treugut / Birgit Obermeier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz
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