Gamechanger KI!? Plattform diskutiert mit Jugendpresse bei YouMeCon
Der Papst trägt Daunenmantel, Olaf Scholz hält im Deepfake-Video eine Rede an die Nation, Gesichter von Menschen, die es nie gegeben hat – KI-generierte Fake News setzen den Journalismus unserer demokratischen Gesellschaft unter Druck. Gleichzeitig bietet Künstliche Intelligenz (KI) eine Vielzahl neuer Werkzeuge, die Medienschaffende bei ihrer Arbeit unterstützen können. Auf der YouMeCon | Kompakt der Jugendpresse Deutschland diskutierte die Plattform Lernende Systeme in Berlin mit Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten über die Chancen und Risiken von KI in der Medienwelt.
KI kann die Nadel im Datenhaufen finden…
Generative KI-Anwendungen können auf Befehl und in Sekundenschnelle Texte verfassen, künstliche Bilder und sogar Videos erstellen. Das kann im journalistischen Alltag hilfreich sein. Beim Kick-off-Panel der YouMeCon berichteten die Journalistin Clara Hoheisel und die Journalisten Gregor Schmalzried und Matti Stahlbaum, wie sie KI-Tools in ihrer Arbeit einsetzen – etwa um sich von ChatGPT Synonyme und Überschriften vorschlagen zu lassen, Interviews automatisch zu transkribieren oder Untertitel in Videos zu generieren. Auch riesige Datenmengen lassen sich mithilfe von KI analyisieren: Die investigative Auswertung der 2,6 Terrabytes umfassenden Panama Papers wäre ohne KI schlicht unmöglich gewesen.
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…und Desinformation verschärfen
Jedoch ermöglicht KI auch Deepfakes von prominenten Politikern oder täuschend echte Fälschungen von Dokumenten, die die offene Meinungsbildung der Menschen gefährden. Dies gilt insbesondere im Vorfeld demokratischer Wahlen. Knapp 80 Prozent der Befragten einer Studie der Universität Leipzig befürchten, dass Deepfakes die öffentliche Meinung beeinflussen. Fälschungen und gezielte Falschinformationen, etwa wenn reale Bilder in einene anderen Kontext gestellt werden, gab es auch früher schon, betonte die Datenjournalistin Elena Riedlinger im Workshop der Plattform Lernende Systeme. Doch mit KI lassen sich Fakes besser, einfacher und schneller erstellen und verbreiten. Hinzu kommt, dass Chat-Bots wie ChatGPT halluzinieren, also immer wieder auch falsche Antworten geben, etwa auf die Frage, welche Kandidaten einer Partei zur Wahl stehen, berichtete Riedlinger. Auch dies verstärkt die Desinformation im Netz.
Fake oder Fakt?
Was ist Fake, was Fakt? KI kann auch Falschmeldungen auf Social-Media-Plattformen aufdecken und Fakes entlarven. KI-Tools für das journalistische Fact Checking lieferten zwar keine Beweise, gäben jedoch wichtige Hinweise auf die Herkunft eines Bildes oder Videos, so Riedlinger. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Deshalb müssten Journalistinnen und Journalisten Inhalte kennzeichnen, bei deren Erstellung sie KI-Werkzeuge zur Hilfe genommen haben, sagte Jessica Heesen, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medienethik und Informationstechnik an der Universität Tübingen. Die Transparenz fördere das Vertrauen in den Journalismus.
Heesen warnte auch vor dem so genannten Automation Bias in Redaktionen, also einem übermäßigen Vertrauen in die Ergebnisse von KI-Werkzeugen. Wo liegen die Grenzen Künstlicher Intelligenz? Wie viel Verantwortung können und wollen Journalistinnen und Journalisten an sie abgeben? Diese und andere Fragen zum Umgang mit KI-Anwendungen im Journalismus müssen künftig in die journalistische Ausbildung integriert werden – darin waren sich erfahrenen wie auch angehende Journalistinnen und Journalisten auf der YouMeCon einig.
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Gefragt: Medienkompetenz und KI-Literacy
Gleichermaßen gilt es die Medienkompetenz junger Menschen insgesamt zu fördern und sie für die Chancen von KI aber auch für die Risiken in Form von KI-gestützter Desinformation zu sensibilisieren. Im Zeitalter von Tiktok sei es besonders wichtig, auf die bedeutsame Funktion des Journalismus in der Demokratie zu verweisen, so Heesen. Dennoch dürfe nicht die gesamte Verantwortung auf die Medienkonsumentinnen und -konsumenten abgewälzt werden, betonten viele der jungen Teilnehmenden. Auch die großen Social-Media-Plattformen müssen im Kampf gegen Fake News in die Pflicht genommen werden.
Ist KI also ein echter Gamechanger für den Journalismus? Kein KI-Tool kann den Menschen in den Redaktionen ersetzen. Menschliches Urteilsvermögen, das Finden von Geschichten in der analogen Welt – das können KI-Systeme nicht leisten. Journalismus und Medienwelt verändern sich. Medienschaffende sollten und können diesen Wandel mitgestallten – so das Fazit der YouMeCon.
Weitere Informationen:
Linda Treugut / Birgit Obermeier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Lernende Systeme – Die Plattform für Künstliche Intelligenz
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