acatech am Dienstag: Wem helfen Roboter in der Pflege?
Lernende Systeme entlasten den Menschen zunehmend im Alltag und bei der Arbeit. Auch in der Pflege können intelligente Roboter wirksam unterstützen und dem Mangel an Fachkräften entgegenwirken. Was technologisch bereits möglich ist, wer davon profitieren kann und welche Vorbehalte in Deutschland herrschen – dazu diskutierten Elisabeth André (Universität Augsburg/Plattform Lernende Systeme), Andreas Keibel (KUKA Deutschland GmbH) und Jürgen Hampel (Universität Stuttgart) am 02. Oktober bei „acatech am Dienstag“ mit Gästen in der Stadtbibliothek Augsburg.
Essen und Wäsche transportieren, als Hebehilfe beim Umbetten von Patienten unterstützen oder ältere Menschen bei physiotherapeutischen Übungen anleiten: Praxiserprobte Anwendungen für intelligente Roboter oder Assistenzsysteme in der Pflege gibt es bereits viele. Ältere Menschen zeigten sich häufig auch aufgeschlossen, oft aber sei die Technik nicht an ihre Bedürfnisse angepasst, erläuterte Elisabeth André in ihrem Impulsvortrag. Die Informatikprofessorin forscht an der Universität Augsburg zu Interaktionsformen zwischen Mensch und Maschine und leitet in der Plattform Lernende Systeme die Arbeitsgruppe „Arbeit/Qualifikation, Mensch-Maschine-Interaktion“. Den zwischenmenschlichen Kontakt könnten Roboter nicht ersetzen, so André, durch emotionales Verhalten aber durchaus zum Aufbau sozialer Bindungen beitragen.
Trotz vieler erprobter Anwendungen: Einen Markt für unterstützende Pflegeroboter gäbe es in Deutschland noch nicht, weil die Geräte mangels Nachfrage noch zu teuer seien. Dieser Innovationsstau müsse aufgelöst werden, forderte Andreas Keibel, Business Development Manager beim Robotik-Entwickler KUKA Deutschland GmbH, in seinem Vortrag. Die demografische Entwicklung mache es künftig unerlässlich, dass intelligente Roboter monotone Routinetätigkeiten oder Dokumentationsaufgaben übernehmen, so Keibel. Dem bereits heute oft überlasteten Pflegepersonal bliebe damit mehr Zeit für seine eigentlichen Aufgaben – sich um die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen zu kümmern.
Die Chance der Robotik, Pflegekräfte zu entlasten, erkennt auch ein Großteil der Bevölkerung. Das zeigt die von acatech und der Körber-Stiftung herausgegebene Untersuchung TechnikRadar 2018, deren Ergebnisse Jürgen Hampel von der Universität Stuttgart in der anschließenden Podiumsdiskussion vorstellte. Gleichzeitig zeigt die Studie aber auch, dass Ängste vor einer Entmenschlichung der Pflege weit verbreitet sind.
Menschzentrierte Gestaltung von Robotern als Wettbewerbsfaktor
In Ländern wie Japan ist die Aufgeschlossenheit gegenüber Robotern in der Pflege höher als in Deutschland. Vielen Menschen sei noch nicht klar, welche Aufgaben Roboter übernehmen können und sollen, so ein Beitrag aus dem Publikum. Hier sei mehr Aufklärung nötig. Keinesfalls dürfe der Einsatz von Robotern dazu führen, dass Pflegeeinrichtungen Personal abbauten, so der Konsens zwischen Podiumsgästen und Publikum. Vorrangiges Ziel müsse eine gute Pflege mit Maschinen sein. Beim Einsatz von Robotern dürfe daher nicht ausschließlich Effizienz zählen, forderte Elisabeth André: Auch eine menschzentrierte Gestaltung von Robotern könne künftig ein Wettbewerbsfaktor sein, so die Informatikprofessorin.
Moderiert wurde die Veranstaltung mit dem Titel „Wem nutzen Roboter in der Pflege? Wie Künstliche Intelligenz eine älter werdende Gesellschaft unterstützen kann“ von Martina Schraudner, Beauftragte des Wissenschaftlichen Präsidenten von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Im Rahmen der Reihe „acatech am Dienstag“ lädt acatech regelmäßig interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien zu Diskussionen zu aktuellen und kontroversen Technikthemen nach München ein. Die Veranstaltung am 02. Oktober in Augsburg bildete den Auftakt für eine Ausweitung des Formats auf ganz Bayern.
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